Adipositas dicker Mann

Adipositas, die Ursachen

Adipositas oder Fettsucht gehört zu den meist verbreiteten Leiden in der Gesellschaft. Starkes Übergewicht gilt als Ursache für viele Folgeerkrankungen. Der folgende Artikel beleuchtet die Hintergründe.

Was versteht man unter Adipositas?

Adipöse Menschen haben einen Body-Maß-Index (BMI) von 30 an aufwärts. Dieser wird angegeben in [kg/m²] . Man teilt das Gewicht [kg] durch das Quadrat der Körperhöhe [m²].

Die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten bei der deutschen Bevölkerung ist besorgniserregend. Während die Zahlen für Übergewichtige (BMI 25-30) in den letzten 20 Jahren in etwa gleich geblieben sind, ist der Anteil an Adipositas je nach Altersgruppe zwischen 2 und 7 Prozentpunkte gestiegen.

Adipositas Frauen und Männer

Eine Ausnahme machen lediglich die Frauen über 55, aber auf sehr hohem Niveau (>30%). Der adipöse Anteil von jungen Erwachsenen jedoch stieg zwischen 1990 und 2010 von 10% auf 17%. Das ist ein Anstieg um 70%!1

Wie kann es sein, dass in einer so modernen und angeblich aufgeklärten Gesellschaft viele Menschen so krankhaft übergewichtig sind und der Anteil immer weiter steigt?

Adipositas Kind

Die Ursachen für Adipositas sind vielfältig und reichen oft bis in die Kindheit, oder noch weiter zurück.

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Vorgeburtliche Ursachen von Adipositas

In einer Metastudie aus dem Jahre 2015 wurde herausgearbeitet, dass die Kinder von Raucherinnen, die auch in der Schwangerschaft rauchten, stärker zu Übergewicht und Adipositas neigen, als die von Nichtraucherinnen.

Die Studie geht davon aus, dass im Jahre 2020 60 Millionen Kinder weltweit an Adipositas leiden werden, also aktuell in diesem Jahr! Das entspricht ca. ¾ der Bevölkerung Deutschlands!

In der Adipositas-Broschüre des Bundesministeriums für Bildung und Forschung3 wird vermutet, dass auch das Ess- und Bewegungsverhalten der werdenden Mutter Einfluss auf die Prägung des Fettgewebes Richtung Adipositas haben könnte, dort Seite 22.

Erlerntes Essverhalten fördert Übergewicht

Aber auch in der Kindheit selbst wird oft der Grundstein für (spätere) Adipositas gelegt. Das liegt an verschiedenen Faktoren, z.B.:

  • Leckeres, aber ungesundes Essen und Naschen müssen in der heutigen Zeit oft als Belohnung oder Ersatz für Liebe, Zuneigung und gemeinsame Zeit herhalten.
  • Doch Fastfood und Naschereien haben meist jede Menge Kalorien, Geschmacksverstärker usw. Außerdem machen sie nicht wirklich satt. Ganz zu schweigen von den Stoffwechselproblemen, die z.B. isolierter Zucker im Körper verursacht.
  • Das oft durchgesetzte „Teller leer essen müssen“ im Kindesalter verschlimmert die Lage zusätzlich.

Das alles und weitere Faktoren führen zu lebenslangen Gewohnheiten, die überflüssige Pfunde wie Magnete anziehen.

Hinzu kommt, dass in der Kindheit die Prägung des Geschmackssinns erfolgt, so dass sich ungesundes Ess- und Naschverhalten tief ins Unterbewusstsein einbrennt.

Es ist verständlich, dass sich sowas nicht so schnell wieder abtrainieren lässt. Die Ernährung lässt sich oft nur mit Bedacht und Schritt für Schritt umstellen.

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Fehlernährung und Adipositas

In den Industrienationen ist es inzwischen die Regel, sich „nichtartgerecht“ zu ernähren. Alles muss irgendwie Spaß machen, einen Kick mit sich bringen und natürlich lecker sein.

Dabei wird von den meisten Menschen ausgeblendet oder schlicht weg nicht registriert, dass unsere Ernährung immer vitalstoffärmer wird. In den allermeisten Fertigprodukten fehlen wichtige Vitamine, Minerale usw., die beim Herstellungsprozess verloren gehen.

Heraus kommt eine Nahrung, die unser Verdauungssystem belastet, welches natürliche Lebensmittel erwartet. Doch es bekommt isolierte Kohlenhydrate, veränderte Fette oder auch eine ungünstige Zusammenstellung der Proteine in oft zu großen Mengen.

So haben wir es in weiten Teilen der Bevölkerung mit Überernährung bei gleichzeitigen Mangelzuständen zu tun. Es mangelt einerseits an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Nahrungsenzymen. Auf der anderen Seite konsumieren wir zuviel isolierte Kohlenhydrate und veränderte Fette.

Die einfache Erklärung für Übergewicht aus Fehlernährung ist, dass die Kalorien, welche vom Körper nicht richtig nutzbar sind, in Fett umgewandelt und in den Fettzellen deponiert werden.

Der gleichzeitig herrschende Mangel an Vitalstoffen und die gestressten Stoffwechselkreisläufe, wie Zucker- und Fettstoffwechsel, signalisieren dem Körper:

Ich muss ESSEN!

Essen Stress

yacobchuk © 123RF


Das Suchtpotential in der modernen Ernährung

Zucker ist ein Suchtmittel

Essen kann süchtig machen. Die bekannteste diesbezügliche Sucht ist die Zuckersucht. Wer süchtig nach Zucker ist und dem Drang nach Zucker nachgibt, nimmt viel zu viele „leere“ Kohlenhydrate auf. Diese werden gern als Fett eingelagert, so dass Adipositas befördert wird.

Zusätzlich dazu stresst der Zuckerkonsument auch noch seine Bauchspeicheldrüse, welche (zu) große Mengen Insulin ausschüttet. Damit sinkt der Blutzuckerspiegel zu schnell wieder ab und ein „Zuckerloch“ entsteht. Ein erneuter Verlangensschub nach Zucker tritt ein.

Zuckerteufelskreis

Dieser verhängnisvolle Kreislauf hält sich selber in Gang, wenn man nichts dagegen unternimmt!

Fastfood hat Suchtpotential

Aber auch Fastfood birgt Suchgefahr, wie dieser Artikel (https://www.zentrum-der-gesundheit.de/fastfood-sucht-ia.html) nahe legt. Schuld daran seien nach diversen Studien Stoffe, welche im Gehirn ähnlich wirkten, wie Kokain.

Dabei würde die Produktion und Wirksamkeit von Dopamin, einem „Glückshormon“, verändert, wodurch der Belohnungsmechanismus unempfindlicher würde. Somit entstünde das Verlangen nach immer mehr Junkfood.

Es handele sich bei den Suchtstoffen um Substanzen, wie hochkonzentrierte Fruktose-Sirupe, Geschmacksverstärker, hydrierte Öle, raffiniertes Salz, und chemische Zusatzstoffe.

Ins Bild passt, dass Menschen mit Adipositas nachgewiesenermaßen eher weniger empfindliche Dopaminrezeptoren im Gehirn haben, als Normalgewichtige.

Verändertes Darmmilieu bei adipösen Menschen

Ein gesundes Darmmilieu ist für die Verwertung von Nahrung sehr wichtig. Doch auch die aufgenommene Nahrung übt Einfluss auf das Darmmilieu aus, und zwar entscheidend!

Denn immerhin ernähren sich die im Magen-Darmtrakt lebenden Bakterienkulturen ebenfalls direkt oder indirekt von der Nahrung, welche wir aufnehmen. Als Gegenleistung helfen sie uns innerhalb dieser Symbiose (zum gegenseitigen Vorteil) bei der Verdauung.

Mit natürlichen, d.h. gesundheitsförderlichen Lebensmitteln in einem ausgewogenen Verhältnis, unterstützen wir die gesunde Darmflora. Andererseits schaden wir ihr mit naturfernen Nahrungsmitteln, da wir dadurch schädliche Bakterien und Parasiten füttern und fördern.

Im Darm adipöser Menschen leben z.B. vermehrt sogenannte FirmicutesBakterien. Diese Spezies spaltet für den menschlichen Darm eigentlich unverdauliche Ballaststoffe in verwertbare Kohlenhydrate auf.

Aus diesem Grund kommen bei Übergewichtigen zur Energiebilanz noch zusätzliche Kalorien dazu. Im Gegenzug werden leider nützliche Bakterienstämme zurückgedrängt.

Bewegungsmangel und Adipositas

Wer sich schon mal „überfressen“ hat kennt das Völlegefühl und die damit verbundene körperliche Trägheit.

Nun stelle man sich vor, das wäre ein Dauerzustand, weil man sich ohnehin nicht so gern bewegt und wenig Kalorien verbrennt. Gleichzeitig kompensiert man Stress primär durch Essen und Naschen (Belohnung).

Doch die menschliche Biologie benötigt Bewegung, um Stress abzubauen.

Frisst man allen Stress ohne körperlichen Ausgleich buchstäblich in sich hinein, so hat man einen sich selbst verstärkenden Kreislauf geschaffen, der unweigerlich zu Übergewicht führt.

Und die Beweglichkeit im Alltag nimmt natürlich mit fortschreitender Adipositas weiter ab, wodurch sich die Situation zunehmend verschlechtert.

Wenngleich fehlende Bewegung nicht als Hauptgrund für Adipositas herhalten kann, so spielt sie im Orchester der Ursachen doch meist eine gewichtige Rolle.

Bauchfett und Hormone

Ein Hauptproblem bei Adipositas sind die Fettzellen des Bauchfetts. Denn sie produzieren Hormone, wie z.B.:

  • Leptin
  • Adiponektin und
  • Östrogene.

Vor allem das Leptin beeinflusst unser Hungergefühl, indem es im Gehirn meldet: „Satt“. Also wäre es theoretisch ganz einfach, wenn das System zuverlässig funktionieren würde.

Leider tut es das nicht mehr ausreichend, wenn wir uns schon vermehrt Bauchfett angefuttert haben. In dem Fall wird nämlich zu viel Leptin ausgeschüttet, so dass die Rezeptoren im Gehirn dieses Signals überdrüssig werden und die „Satt“-Botschaft nicht mehr ausreichend registriert wird.

Somit haben wir länger Hunger und neigen zur Nahrungsaufnahme. Zu viel Leptin stimuliert außerdem den Blutdruck direkt!

Adiponektin, das zweite Fettgewebshormon, wirkt zusammen mit dem Insulin, welches weiter oben bereits Erwähnung im Zusammenhang mit dem Zuckerloch fand.

Doch bei vollen Fettzellen reduziert sich die Adiponektin-Produktion. Das bedeutet auch, dass sich die Insulinwirkung auf die Zellen reduziert, was man Insulinresistenz nennt (Diabetes mellitus Typ 2).

Daraufhin bleibt der Blutzuckerspiegel erhöht. Leider bleibt dabei auch das Insulin unverbraucht im Blut zurück. Insulin hat eine entzündungsfördernde Wirkung.

Östrogene werden ebenfalls durch Bauchfett vermehrt ausgeschüttet. Da Östrogenüberschuss den vermehrten Einbau der Triglyceride (Fettmoleküle) in die Fettzellen begünstigt, kann es zu weiterer Gewichtszunahme kommen.

Östrogene können aber auch in Form von Antibabypillen oder Hormonersatztherapien in den Körper gelangen.

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Weitere hormonelle Ursachen für Adipositas

Hormone sind dafür da, Stoffwechselprozesse im Körper zu steuern, so auch den Energiebedarf und die Fettverbrennung. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Schilddrüsenhormone.

Eine Schilddrüsenunterfunktion kann zu Adipositas beitragen. Dabei fahren Körperprozesse auf ein niedrigeres Niveau runter, so dass weniger Energie verbraucht wird. Auf diese Weise landen die überschüssigen Kalorien als Fett in den Zellen.

Auch hormonelle Störungen im Bereich der Nieren und Nebennieren können zu Problemen führen, da sie Stresshormone produzieren und diese dann nicht mehr ausreichend vorhanden sein könnten.

Folglich käme es ebenfalls zu weniger Energieverbrauch und potentiell zu Adipositas.

Zusammenfassung

Die Ursachen für Adipositas sind auf mehreren Ebenen zu suchen. Sie betreffen die folgenden Bereiche:

  • Vorgeburtliche Faktoren
  • Erlerntes falsches Essverhalten bereits im Kindesalter
  • Moderne, d.h. vitalstoffarme Industrienahrung
  • Suchtkomponenten, die falsches Essverhalten verstärken, wie insbesondere Zucker und weitere Zusätze aus der Industrienahrung
  • Milieuentgleisungen im Körper, vor allem die Darmflora betreffend
  • Bewegungsmangel
  • Hormonelle Ungleichgewichte, die großteils durch das Bauchfett verursacht werden und sich selbst verstärkend wirken!
  • Hormonelle Störungen der Schilddrüse und der Nebennieren

Letztlich gibt es kein allgemein gültiges Patentrezept gegen Adipositas. Jeder Fall ist einzigartig, so dass die konkret vorherrschenden Einflussfaktoren und die Gesamtsituation der Betroffenen die ganz individuelle Therapie bestimmen müssen.

Eine wichtige Rolle spielen zusätzlich die oft vorhandenen Begleiterkrankungen, wie Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörung.

Quellen:

1Bundesgesundheitsbl 2013 · 56:786–794 DOI 10.1007/s00103-012-1656-3 Online publiziert: 27. Mai 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

2https://jech.bmj.com/content/71/2/162 (Sarah Rayfield, und Emma Plugge 2015: Systematic review and meta-analysis of the association between maternal smoking in pregnancy and childhood overweight and obesity)

3https://www.ifb-adipositas.de/sites/default/files/broschuere-adipositas-bmbf_last_121012.pdf

Beachte bitte auch meinen rechtlichen Hinweis, siehe Link.

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